Einige Bemerkungen zur Berliner S-Bahn (3)

 

Aus der Geschichte

Gleich nach dem Ende des deutsch-französischen Krieges 1871 gab es in Berlin die ersten Pläne, die Endstationen der fünf großen Fernbahnlinien, die an verschiedenen Stellen der Hauptstadt endeten, durch eine Stadtbahn in Ost-West-Richtung und eine Ringbahn miteinander zu verbinden. Das würde den Durchreisenden das Umsteigen erleichtern und damit auch die Reisezeit verkürzen. Schon elf Jahre später, genau am 6. Februar 1882 wurde der erste Streckenabschnitt in Anwesenheit von S.M. Kaiser Wilhelm I. und der kaiserlichen Familie eröffnet. Die Strecke führte vom Schlesischen Bahnhof im Osten Berlins über Alexanderplatz, Friedrichstraße, Lehrter Bahnhof nach Charlottenburg im Westen. Die Stadtbahn wurde über Erwarten gut angenommen, denn sie brachte nicht nur die geplanten Erleichterungen für den Fernverkehr sondern leistete bald auch einen bedeutenden Beitrag zum innerstädtischen Verkehr zwischen den Stadtteilen.
Die Industrie nahm in diesen Jahren einen großen Aufschwung. Sie brauchte mehr Platz für größere Fabriken und so verlagerte sie sich mehr und mehr aus dem Stadtzentrum in die Vororte. Damit entstand dann der Bedarf nach einer Anbindung der Arbeiter-Wohnviertel im Stadtzentrum an die Industriegebiete in den Außenbezirken. Als unvorhergesehene Aufgabe der Eisenbahn hatte sich schon sehr früh auch die Abwicklung des Ausflugsverkehrs an den Wochenenden ergeben.

Zur Jahrhundertwende hatte sich die Einwohnerzahl Berlins gegenüber 1871 mehr als verdoppelt und fast die Zweimillionengrenze erreicht. Zu den ersten acht Bahnhöfen der Stadtbahn waren weitere 18 hinzugekommen und bereits im Jahre 1905 verkehrten die Züge im 2 1/2-Minuten Takt(!) und unfallfrei(!). Die bald entwickelten Abteilwagen, wie sie z.B. auch in den Zügen der Schlesischen Gebirgsbahn, also zwischen Lauban und Görlitz eingesetzt waren, erlaubten bedarfsgerechtes Ein- und Aussteigen der Fahrgäste. Bei dieser hohen Verkehrsdichte fuhren täglich 721 Dampflokomotiven über die Stadtbahnstrecken. Wegen der damit verbundenen Lärm-, Schmutz- und Geruchsbelästigung im Stadtzentrum aber auch wegen der geringen Wirtschaftlichkeit der Lokomotiven, z.B. wegen der häufigen Anfahrvorgänge bei den kurzen Streckenabschnitten, war abzusehen, daß die technischen Grenzen dieser Antriebsart bald erreicht sein würden. So stellte man schon Ende des vergangenen Jahrhunderts Untersuchungen über die Möglichkeiten einer Elektrifizierung der Stadtbahn und der Vorort-Strecken sowie über Wagenkonstruktionen und die Antriebsarten an. Im Jahre 1900 gab es bereits die ersten erfolgversprechenden Versuche mit elektrisch angetriebenen Zügen. Während des 1. Weltkrieges stagnierten die Planungsarbeiten naturgemäß, aber schon 1921 wurde die Planung wieder aufgenommen und der 8. August 1924 war dann die Geburtsstunde des elektrischen S-Bahnbetriebes in Berlin so wie wir ihn heute kennen.
1929 waren dann die Stadtbahnstrecken, die Ringbahn und die wichtigsten Vorortverbindungen vollständig elektrifiziert, und die Züge hatten längst ihren charakteristischen gelb-roten Anstrich erhalten [StH BA I/2 S.74]. Zu den Hauptverkehrszeiten konnten die Züge jetzt im 1 1/2-Minutentakt verkehren. Im Kriegsjahr 1943 erreichte die S-Bahn mit 789 Mio. beförderten Fahrgästen ihren noch heute bestehenden Fahrgastrekord.